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Mit anderen Augen gesehen…

25. März 2013

Von Mamamachmal

16:37 Uhr

Schuhe an und meinen beiden Kindern schon mal gute Nacht sagen. Mama muss zu einem Termin. Papa schmeißt den Laden auch gut alleine.

„Mama schaut nachher nochmal rein, wenn sie wiederkommt. Ob ihr auch gut schlaft und zugedeckt seid.“

16:42 Uhr

Raus aus der Haustür und ab zum Auto. Kalt ist es. Aber zum Glück nicht glatt auf den Straßen, wie es scheint.

 

16:44 Uhr

Ich starte den Motor und fahre über den Hof zur Bundesstraße. Noch ein, zwei Autos, dann kann ich auf die Straße rausziehen.

 

16:45 Uhr

Vor mir ein silberner Lupo.

Er fährt recht weit am Fahrbahnrand.

Kurz vor der leichten Linkskurve berühren die Reifen den Grünstreifen, der Wagen rutscht auf dem matschigen Boden ein Stückchen weiter nach rechts.

Die Fahrerin reißt das Lenkrad ruckartig und viel zu weit nach links.

Oh nein, bitte bau jetzt keinen Unfall! Ich hab keine Zeit noch auf die Polizei zu warten, Zeugenaussage zu machen….

Sie reißt den Wagen wieder nach rechts in die Spur.

Puh, das war knapp. Komm ich doch noch pünktlich zum Termin!

In dem Moment reißt sie das Lenkrad wieder nach links, genau auf die Gegenfahrbahn.

 

Es gab keinen Knall, keine Geräusche, die man erwarten sollte bei einem Frontalzusammenstoß zweier Fahrzeuge. Nur ein sanftes Knatschen und Knirschen. Fast wie ein Seufzen.

 

Der Lupo schleudert herum und bleibt gegen die Fahrtrichtung stehen.

Ich mache den Warnblinker an und fahre auf den Seitenstreifen.

Ein Griff und mein Handy ist in meiner Hand, während ich aus dem Auto springe.

Noch während ich zu dem Lupo eile, schaue ich auf mein Mobiltelefon.

AUS ! … ich hatte es vergessen wieder anzuschalten, bevor ich losfuhr.

Jetzt warten bis es gestartet ist und den Pin eingeben und auf Netz warten und… nein –

Es verwindet wieder in der Jackentasche.

 

Ich habe einen Tunnelblick, sehe nur noch das demolierte Fahrzeug vor mir. Ich habe keine Angst, bin nicht nervös, seltsam klar sehe und verstehe ich die Welt. Wie durch ein Rohr geschaut. Stück für Stück. Szene für Szene.

 

Während ich mich nähere, schaue ich durch die zersplitterte Windschutzscheibe.

Wo ist der Fahrer?? Da sitzt niemand!

Die Fahrertür ist offen.

So schnell kann doch niemand ausgestiegen sein? Ich bin doch sofort angehalten und ausgestiegen? Wie viel Zeit mag vergangen sein seit dem Aufprall? Vielleicht 30 Sekunden?

Ein paar schnelle Schritte tragen mich rechter Hand am Fahrzeug vorbei. Einige Meter dahinter liegt ein lebloser Körper auf dem nassen Asphalt.

Barfuß, ein einzelner Schuh daneben auf dem Grünstreifen. Auf dem Bauch liegend. Wie eine weggeworfene Puppe.

Lange dunkle Haare verbergen das Gesicht.

Das erste Glitzern von Blut erscheint unter dem Haar auf der Straße.

 

Ich schaue hoch und sehe wie einige Menschen ein Stück entfernt stehen und herüber schauen. Menschen, die auf ihren Fahrzeugen gesprungen sind. Doch unschlüssig scheinen, was zu tun ist.

 

„Ruft einen Notarzt! Sofort, sagt ihnen es gibt eine schwere Kopfverletzung!“,

brülle ich hinüber, während ich die Haare der Frau beiseite schiebe und ihr Gesicht erblicke.

Eine junge Frau, sehe ich, noch keine 20 Jahre alt, die Züge erschlafft, die Augen leicht geöffnet. Doch tot, gebrochen, keine Regung in ihrem Blick.

Die Blutlache wird größer und breitet sich langsam weiter aus.

Seltsam hell ist das Blut. Gar nicht wie man es in Filmen sieht, denke ich mir. Es wirkt „unecht“.

Ich spüre, dass weiterhin Menschen um mich herum sind, aber nehme sie nicht wirklich wahr.

Sehe nur 2-3 Meter vor mir zwei Männer, die entsetzt herschauen.

„Was ist mit dem anderen Fahrzeug? Was ist mit den Leuten da drin? Los, gehen Sie da hin und kümmern sich um die!“, kommandiere ich sie weg.

 

Sie drehen sich um und eilen in die richtige Richtung, verschwinden außerhalb meines Sichtfeldes hinter dem zerstörten Fahrtzeug.

Ich spreche die Frau an, tätschle ihre Wangen. „Hallo, hallo, hören Sie mich? Hallo?“

 

Als ich versuche, sie auf die Seite zu drehen, merke ich, wie schwer so ein schlaffer Körper ist. Der Arm ist im Weg, und ich will ihr ja nicht die Schulter auskugeln und ihr noch mehr Schmerzen bereiten!

 

Ich schiebe ihren Arm so nah es geht an ihren Körper und ziehe sie zu mir, neben mir erscheint die Silhouette eines Mannes.

 

„Packen Sie mit an! Ich schaff das nicht alleine!“, brülle ich ihn an.

Er packt mit an und so lehnt sie dann an meinen Beinen. Woher kommt das Blut? Ich hoffe irgendeine Wunde zu finden, die ich abdrücken kann, um die Blutung zu reduzieren.
Doch das Blut sprudelt ihr aus dem rechten Ohr. Es schäumt leicht im ersten Moment. Der Schaum wie ein leichter rosa Überzug, der sich aber schnell verflüchtigt.

 

Die hellrote Fläche schlängelt sich langsam weiter in Richtung Mittellinie.

Ich fühle den Puls an ihrem Hals. Schwach, doch ich meine ihn spüren zu können.

Ob sie atmet? Ich weiß es nicht. Aber der Puls ist da. Das ist das wichtigste.

Ich schaue auf. Neben mir steht eine ältere Frau und ein junges Mädchen. Selbst sicher nicht älter als die verunglückte.

 

Sie hält einen Verbandkasten in den Armen, klammert sich an ihm fest wie ein Ertrunkener an einem Wrackstück. Als könne er sie vor dem was sie sieht beschützen. Ihr Blick ist wie erstarrt auf die Frau in meinen Armen gerichtet.

Hinter mir ruft jemand nach einer Decke und kurz darauf legt jemand eine alte Wolldecke über die Beine der Frau.

 

Ich fühle erneut den Puls. …. und nochmal… ich finde ihn nicht mehr! Fühle ich an der richtigen Stelle? Panik macht sich in mir breit.

Erneut schaue ich zu den Menschen, die an ihren Fahrzeugen stehen. Bestimmt ein Dutzend mittlerweile.

„Ist irgendein Arzt hier?“, brülle ich wie von Sinnen hinüber. Irgendjemand mit einer medizinischen Ausbildung? Krankenschwester, was auch immer??“

 

Eine Frau löst sich von den anderen ab und eilt zu mir.

„Ja ich habe mal Krankenschwester gelernt“, sagt sie. „Aber ich bin schon einige Jahre raus aus dem Beruf“.

 

„Egal!“, sage ich. Und bin etwas erleichtert, eine sicherlich fachkundigere Person als ich es bin, bei mir zu haben. „Fühlen Sie bitte den Puls! Finden Sie ihn?“

Ich mache ihr Platz, sie hockt sich neben die nun auf dem Rücken liegende Verletzte und sucht den Puls.

 

Nach wenigen Sekunden schaut sie mich an und schüttelt den Kopf.

„Nein ich finde da auch keinen Puls.“

„SCHEISSE“ rufe ich. Und bin froh eine Krankenschwester neben mir zu haben, die nun weiß, was zu tun ist.

 

„Was machen wir denn jetzt?“, fragt mich die Krankenschwester!!!!

Wut, Frust und Panik schlagen wie eine Welle über mir zusammen. Bilder aus dem Erste-Hilfe-Kurs gehen mir durch den Kopf, der gefühlte Lichtjahre zurückliegt.

Die „Krankenschwester“ sitzt immer noch dämlich aus der Wäsche guckend neben der Verunfallten, als ich mich auf die andere Seite hinknie und den Pullover der jungen Frau hochschiebe. Aus dem Ohr kommt kein Blut mehr nach.

Ich spüre, wie meine Knie nass werden, wie sich das Blut der Frau in den Stoff meiner Hose zieht. Lauwarm… klebrig.

 

Wo setze ich an? Ah da. Ich lege den Handballen an die richtige Stelle und sehe meine blutigen Hände.

 

„Hier sind Aidshandschuhe…“, höre ich ein leises Stimmchen von der Seite. Das junge Mädchen mit dem Verbandkasten hält mir ein Paar Einweghandschuhe vor die Nase.

„So ein Quatsch! Jetzt ist das auch egal“, ranze ich sie an und beginne zu pumpen.

Die Krankenschwester ist verschwunden. Wieder zurück zu ihrem Auto. Raus aus der Situation.

 

Beim zweiten oder dritten Mal Pumpen spüre ich, wie es plötzlich leichter nachgibt unter meinen Händen. Begleitet von einem leisen Knacksen.

Das Brustbein schien durch. Oder doch eine Rippe? Egal. Hauptsache pumpen.

 

Ab dem Moment begann es zu blubbern. Mit jedem Druck spürte ich, wie es im Brustkorb blubberte. Ich bildete mir sogar ein, es zu hören. Ob es wirklich zu hören war? Ich weiß es nicht. Aber ICH hörte es.

Ich konnte vor meinem geistigen Auge das Blut sehen, das sich in ihrem Körper gesammelt hatte. Und das mit jedem Druck von mir hin und her bewegt wurde.

 

Sekundenlange Pause, Puls: nicht da. Weiter!

 

„Soll ich mal übernehmen?“ höre ich die Stimme eines Mannes.

Ich mache im Platz und er führt die Herzdruckmassage von der anderen Seite weiter.

Aber drückt er nicht zu weit unten? Drückt er tief genug rein?

Nach wenigen Handgriffen schiebe ich ihn beiseite und mache selbst weiter.

Meine Panik ist verschwunden. Die Welt besteht nur noch aus dem Eindrücken des Brustkorbes dieser Frau.

Und dem Blubbern…. und dem Blut unter und an meinen Beinen, das langsam erkaltet.

Komm schon, bitte, mach kein Scheiß. Bitte Mädchen komm, komm, höre ich mich selbst leise vor mich hinsprechen.

 

Wieder fühle ich den Puls. Nichts.

 

Ich schaue hoch und sehe in die fragenden und recht gefassten Augen der älteren Frau.

Ich schüttele den Kopf. „Das hat alles keinen Zweck“, sage ich ihr. „Da ist alles voller Blut im Brustkorb“, das spüre ich. Aber ich mache weiter. „Wo bleibt der Notarzt?“

 

Aus den Augenwinkeln sehe ich aus der Ferne blaue Lichter näher kommen.

Ich pumpe weiter.

Endlos lange erscheint mir die Zeit, bis die Lichter endlich nah genug sind und Menschen aus dem Fahrzeug auf mich zueilen.

Ich pumpe weiter.

Eine Hand legt sich auf meine Schulter.

Eine Frau vom Rettungsteam.

„Ich übernehme jetzt“, sagt sie, und wie ein eingespieltes Team übergebe ich an die Fachfrau, die unverzüglich die Herzdruckmassage weiterführt.

 

Ich trete ein paar Schritte zurück.

Wieder spüre ich eine Hand auf meiner Schulter. „Hast du gut gemacht!“, sagt eine Männerstimme.

„WIE WOLLEN SIE DAS WISSEN? Sind sie etwa Arzt?“, motze ich ihn lautstark an.

„Nein“, sagt er. „Aber ich bin Feuerwehrmann. Ich hätte es nicht besser machen können. Ich war dabei, seit du mit der Herzmassage begonnen hast“.

 

„Warum haben Sie das dann nicht gemacht?“, rufe ich verzweifelt.

„Du musstest etwas tun. Du wolltest etwas tun. Und wenn du etwas falsch gemacht hättest oder keine Kraft mehr zum Pumpen gehabt hättest, hätte ich übernommen!“

 

Und recht hatte er. Ich hätte nicht einfach daneben stehen können.

 

Mein Blick schweift über die Unfallstelle. Und ich sehe zum ersten Mal die Ausmaße der Zerstörung.

Der Lupo ist nicht mehr als solcher zu erkennen. Der Unterboden aufgerissen wie eine Konservendose. Die Front so vollständig zerstört, dass selbst der Motor nur noch zu erahnen ist. Rund um das Auto liegen Scherben, Autoteile, eine Sonnenbrille, der zweite Schuh. Etwas Kleingeld. Ein kleines Plüschtier mit Herzchen im Arm.

 

Dann fällt mein Blick ins Wageninnere. Der Gurt des Fahrersitzes hängt ordentlich an der Seite hinter der Türzarge. Griffbereit zum Anschnallen.

 

Die Tür durch den Aufschlag des Körpers verbogen.

Ich hocke mich auf den Seitenstreifen, rauche eine Zigarette, die mir in die Hand gedrückt wird und beobachte mit einigen Metern Abstand, wie die Rettungskräfte versuchen, das Leben in die junge Frau zurückzubringen.

Die ältere Frau, die ich schon vorher bei der Verunfallten sah, ist bei mir und nimmt mich in den Arm. Ich kenne sie nicht. Aber es tut gut und wirkt ehrlich.
Irgendwann legen die Rettungskräfte die junge Frau auf eine Trage und bringen sie in den Rettungswagen. Immer noch beatmend, immer noch die Hoffnung nicht aufgebend.

 

Einige Zeit später spüre ich abermals eine Hand auf meiner Schulter.

Ein Feuerwehrmann steht neben mir. Er trägt ein Schild auf der Brust auf dem das Wort „Notfallseelsorger“ steht.

„Sie hat es nicht geschafft“, höre ich ihn sagen.

„Ich weiß“, sage ich.

 

Denn sie war in meinen Armen gestorben.

 

Noch über eine Stunde verbrachte ich an der Unfallstelle. Nicht weit entfernt sah ich die Lichter meines Hauses.

Jeden Tag würde ich nun mehrmals an dieser Stelle vorbeifahren.

Ich holte mein Handy heraus, schaltete es ein, 3 Anrufe in Abwesenheit. Von zuhause. Ich rief meinen Mann und schilderte kurz und knapp, wo ich bin und was geschehen ist.

Er hatte sich schon große Sorgen gemacht, als er kurz nachdem ich gefahren bin, vom Fenster aus Blaulicht sah.

In meinem Auftrag rief er bei der Firma an, bei der ich einen Termin hatte, um abzusagen und um mich zu entschuldigen.

Den Rest der Zeit verbrachte ich bei Kaffee und Zigarette in der Gesellschaft einer Frau der Freiwilligen Feuerwehr in einem Mannschaftsbulli. Dabei redeten wir über Familie, Privates und alles Mögliche. Nur nicht über den Unfall. Das hätte ich zu dem Zeitpunkt auch nicht gekonnt und gewollt. Auch wenn es etwas befremdlich war, direkt am Unfallort über belanglose Dinge zu reden. Ich war noch nicht bereit über den Unfall zu sprechen, und das spürte auch die Frau von der Feuerwehr.

Der Kaffee wurde vom nahegelegenen Restaurant herübergebracht.

 

Immer noch habe ich vom Blut verschmierte Hände und eine blutdurchweichte Hose.

Aber seltsamerweise empfinde ich keinen Ekel. Nur eine seltsame Leere in mir.

 

Schließlich begebe ich mich auf den Heimweg. Den Wagen lasse ich stehen. Es sind nur wenige hundert Meter und dank der Abschleppwagen ist eh kein Durchkommen in dem Moment. Die nette Frau, die mich nach dem Unfall umarmt hat, begleitet mich bis zur Haustür.

 

Als ich nach Hause komme, sitzen meine drei Männer beim Abendbrot.

Ich ziehe meine Hose aus, wasche mich und ziehe trockene Kleidung an.

Als mein Mann mich in den Arm nimmt, wehre ich ihn ab.

Nein, nicht jetzt!! Ich will nicht vor den Kindern weinen! Ich könnte es ihnen nicht erklären.

 

Also reiße ich mich zusammen bis die Kinder im Bett sind. Erst dann berichte ich meinem Mann die Geschehnisse und weine. Ich weine um eine fremde Frau. Einen Menschen, mit dem ich nie gesprochen habe.

 

In den Nächten darauf schlafe ich seltsamerweise völlig traumlos. Doch tagsüber kommen mir immer wieder die Bilder hoch.

Wenn ich eine Sirene höre, zieht es sich in mir zusammen. Und bei jedem Fahrzeug vor mir, das ein Überholmanöver startet oder etwas zu schnell unterwegs ist, bekomme ich Panik.

 

Nach 2 Tagen gebe ich dem Druck meines Mannes nach, mich mit dem Seelsorger der Feuerwehr zu treffen.

 

Wozu? Denke ich mir? Ich habe doch schon drüber geredet! Mehrmals! Was soll das, das Ganze noch mal zu erzählen?

 

Als der Seelsorger noch am gleichen Abend vor der Tür steht, erkenne ich ihn als den wieder, der mir die Nachricht vom Tod der Frau überbrachte.

 

Über 2 Stunden redeten wir. Und es tat wider Erwarten gut! Ich musste nicht darüber nachdenken WIE ich es ausdrücke, oder ob ich meinen Gegenüber durch zu direkte Wortwahl erschrecken würde.

Danach fühle ich mich deutlich besser.

 

3 Monate sind seitdem vergangen. Die Bilder wurden nach und nach weniger. Dann schrieb ich alles noch mal auf und fühlte mich danach wie kurz nach dem Unfall.

Aber schon am nächsten Morgen fühlte ich mich nochmals besser.

Vergessen werde ich diesen Abend wohl nie. Und jeden Tag fahre ich mindestens 2 mal an der Unfallstelle vorbei. Manchmal halte ich an und zünde die Grabkerze am Kreuz neu an, wenn sie erloschen ist.
Es war etwas, das ich nicht noch mal erleben möchte. Doch ich würde immer wieder so handeln.

Und bin dankbar dafür, wie ich an der Unfallstelle von den Rettungskräften aufgefangen wurde.

Doch das beklemmende Gefühl bei unvorsichtigen Fahrmanövern anderer und das mehrfache Kontrollieren des Anschnallgurtes aller Insassen vor Fahrtantritt wird wohl bleiben.

 

 

 

41 Kommentare leave one →
  1. Jan permalink
    25. März 2013 11:46

    Puh, das ist wirklich ein heftiges Erlebnis. Ich war glücklicherweise noch nie in so einer Situation, daher kann ich das nur ansatzweise nachfühlen. Wenn sie für mich käme, wäre ich zumindest technisch ganz gut vorbereitet (mein Arbeitgeber schult mich alle 2 Jahre in Erster Hilfe).

    Toll, wie der Rettungsdienst für dich da war. Und vermutlich ebenfalls gut, dass der Feuerwehrmann einfach nur beobachtet hat und dir dann nachher positive Rückmeldung gegeben hat. Studien zum Thema „Psychische Folgen bei Ersthelfern“ kommen soweit ich weiß zu dem Ergebnis, dass man mit so einer Situation besser umgehen kann, wenn man aktiv etwas getan hat, auch wenn es letztendlich nicht erfolgreich war.

    Sowas wird man natürlich nie vergessen, aber ich wünsche dir, dass du das weiterhin gut verarbeitest.

    • 25. März 2013 12:46

      Ja genau, das man damit besser umgehen kann wenn man selbst aktiv wird, sagte mir der Seelsorger im Gespräch auch.
      Untätiges herumstehen hätte mich glaube ich viel mehr mitgenommen. (So seltsam das auch klingt)

      • Kenner des Reisbärn permalink
        25. März 2013 17:59

        Da gebe ich dir recht. Wenn du nur rumstehst kommt unweigerlich die Frage auf „Wenn ich was gemacht hätte, hätte sie dann noch am Leben?“

        Ein Gespräch bei einem Seelsorger kann ich jedem nach so einem Ereignis nur empfehlen. Bisher habe ich unsere Seelsorger nur auf Übungsabenden kennen gelernt, bzw. wenn Andere (nicht Feuerwehrler) akut betroffen waren. Daher kann ich sagen das es „bei uns“ gängige Praxis ist Unfallbeteiligte Zeugen und Ersthelfer in Bullis zu „parken“ den Funk aus zu machen und irgendwie „abzulenken“.

        Vielen Dank für dein Vorbildliches Verhalten, deinen Mut, deiner Zusendung.

  2. claudia permalink
    25. März 2013 11:57

    Ich muss gerade ganz schwer schlucken. Das ist sicherlich der Alptraum jedes Autofahrers – noch dazu sehr detailliert und eindrucksvoll geschrieben. Das muss ich erst mal sacken lassen. Danke für diese offene, sehr persönliche Schilderung.

    Aber eines weiß ich ganz sicher: Ich werde noch vor den Sommerferien einen Erste-Hilfe-Kurs machen…. soll mein Chef auch noch so meckern, weil dann mal wieder Unterricht ausfällt.

  3. 25. März 2013 12:22

    Oh man, das ist ein schlimmes Erlebnis. Es tut mir so leid, dass du das miterleben musstest.
    Ich musste beim Lesen weinen. Zum einen, weil du das so authentisch geschrieben hast, dass man das Gefühl hatte, dabei zu sein. Zum anderen, weil ich selber schon so ein Horrorszenario mitmachen musste. Ich stand damals neben meinem besten Freund und musste zusehen, wie er überfahren wurde. Er lag wochenlang auf der Intensivstation, wurde mehrmals operiert. Ich selbst konnte das so schlecht verarbeiten, dass ich monatelang brauchte, um selber wieder Auto fahren zu können und nochmal länger, um auch im Dunkeln zu fahren, ohne bei jedem Fußgänger Panik zu schieben. Erst nach etwa 2 Jahren (oder länger?) war auch das komische Gefühl weg, oder wenigstens nicht mehr ganz so stark, wenn ich an der Unfallstelle vorbei kam.
    Er hat es überlebt, doch das Geschehene und die fürchterlich gleichgültige Reaktion seines unmöglichen Vaters habn mich noch lange beschäftigt.

    Ich wünsche dir ganz viel Kraft, dass du das verarbeiten kannst. Du hast es richtig gemacht, dir Hilfe zu suchen. Mit sowas kommt man alleine einfach nicht klar.

    • 25. März 2013 12:41

      Puh ich glaube wenn man den Menschen der verunfallt persönlich kennt und dann auch noch gleichgültiges Verhalten von Anderen mit dazu kommt ist das verdammt schlimm.
      Irgendwo bin ich froh das ich die Frau nicht kannte.
      Wütend und frustriert war und bin ich noch über die gelernte Krankenschwester die mich da blöd sitzen gelassen hat. Für mich absolut unverständlich.

      Verarbeitet habe ich es denke ich im großen und ganzen. Aber vergessen wird man so etwas wohl nie.

      Geschrieben hatte ich den Text auch ursprünglich nur für mich selbst zur Verarbeitung –

      • 25. März 2013 12:46

        Ja das war auch schlimm. Ich war leider nicht in der Lage, zu helfen, sondern brauchte selber Hilfe, da ich an Ort und Stelle umgekippt bin.

        Sowas vergisst man auch nie, aber man lernt, damit umzugehen und es als Erlebnis und Erinnerung abzuhaken.

      • Simon permalink
        26. März 2013 11:05

        Auch für das meiste Krankenpflegepersonal ist eine Reanimation und besonders so ein schwerer Unfall keine Routine, besonders, wenn mn den Beruf schon länger nicht mehr ausüber. Ihre Reaktion war vollkommen menschlch, also gräme Dich nicht über ihr Verhalten, sondern freue Dich über Deine gute Reaktion!

  4. Dustin permalink
    25. März 2013 13:43

    Vielen Dank für deinen Beitrag Machermama.
    Deine Gefühle bzw. dein Handeln kann ich voll und ganz nachvollziehen und beim lesen bekam ich eine Gänsehaut.
    Das liegt daran, dass ich Rettungssanitäter bin und schon öfters in so einer Situation, wie du sie geschildert hast, gewesen bin.
    Gott sei Dank nie mit Toten, aber Schwerstverletzte waren dabei.
    Und auch ich, der für solche Situationen gut geschult ist, empfindet das Gleiche wie du in der Situation.
    Man funktioniert einfach und arbeitet sein Schema ab.
    Erst nachdem man den Patient im Krankenhaus bzw. dem Helikopter übergeben hat und man zurück auf die Wache fährt, wird einem erst so richtig bewusst was man gerade getan hat und das man höchstwahrscheinlich ein Leben gerettet hat.

    Danke, dass du den Mut hattest zu helfen.

  5. hajo permalink
    25. März 2013 19:59

    Danke, Paul, für Deinen Bericht, der authentischer nicht ausfallen konnte (ich geh‘ einfach davon aus!).
    In diesen oder ähnlichen Situationen ist es wahrlich zuerst einmal schwer, Hilfe anzunehmen (ob von einfühlsamen Fremden, den eigenen Lieben oder einen „Fachmann“ (m/w)), aber – und das schreibst Du ja auch – es zahlt sich aus.
    aber eines versteh ich nicht: warum willst Du vor den Kindern keine Emotionen zeigen? Du willst doch auch, dass sie ehrlich sind und zeigen, wenn sie ertwas bedrückt. Ich habe bei meinen Enkeln (6 und 7) kennengelernt, dass Kinder sehr wohl in der Lage sind, diese Situationen zu verarbeiten ohne daran – wie Du vielleicht befürchtest – zu zerbrechen: Kinder sind stärker als man meint.
    Fühl Dich auch von mir – aus der Ferne – in den Arm genommen.
    Liebe Grüße
    Hajo

    • 25. März 2013 20:24

      Dieser Erfahrungsbericht ist nicht von Paul selbst sondern von mir lieber Hajo und leider genau so geschehen.

      Und was die Kids betrifft.
      Meine Jungs waren zu dem Zeitpunkt 4 und 1,5 Jahre.
      6 und 7 ist da schon ein völlig anderes Alter. Da liegen Welten dazwischen.
      Am nächsten Tag habe ich meinem Großen erklärt das Mama so traurig ist/war weil da ein schwerer Autounfall war und jemand schwer verletzt war. (Also Kindgerecht und nach dem Verdauen des ersten Schocks erklärt)
      Aber ich kann nicht als Mutter weinend in den Armen meines Mannes zusammenbrechen, vor den Augen so kleiner Kinder, ohne es ihnen in dem Moment auch nur ansatzweise erklären zu können.

      Grüße

      • hajo permalink
        26. März 2013 12:31

        Danke machermama, eigentlich hätte ich’s ja selbst erkennen können – aus dem Vorspann – aber ich war so von dem Bericht gefesselt ..
        1 1/2 Jahre ist in der Tat etwas früh: es sind da wohl keine Alpträume zu erwarten (wenn man’s richtig macht), aber es wird halt überhaupt nicht verstanden und somit macht’s keinen Sinn, das kleine Kinderseelchen zu belasten um dann doch festzustellen, dass dieses Kind die Ausnahme ist, die die Regel bestätigt ..
        Bei dem Großen jedoch .. na ja, aber jedes Kind ist halt anders.

        Liebe Grüße an die ganze Familie
        Hajo

      • vires permalink
        9. April 2013 07:14

        oO sie hats doch am nächsten tag ihrem größerem erklärt.
        dass sie das am ersten tag, kurz nach dem unfall nicht konnte ist verständlich.

  6. 25. März 2013 21:19

    Ein toll geschriebener Bericht, wenn man dies so sagen kann/darf. Ich finde es sehr gut, dass du hier den Mut hast, von dem Erlebten zu berichten. Es kann jedoch auch eine Art sein, ein Ereignis zu verarbeiten.
    Es zeigt aber auch, dass jeder von uns einmal als Ersthelfer zu einem Unfall kommen kann und dann eben Chourage gefordert ist, etwas Tun und Helfen. Du hast dies sehr gut gemacht. Leider war es in deinem Fall nicht erfolgreich, doch du kannst dir keine Vorwürfe machen,d ass du nicht alles getan hast, was dir möglich gewesen ist, machermama. Andere Menschen, auch Krankenschwestern (die wenig mit Erste Hilfe zu tun haben) sind leider sehr oft überfordert mit dem aktiven Helfen und daher ist dein TUN nicht hoch genug einzuschätzen.
    Die Bilder von einen solchen Unfall bleiben jeden in Erinnerung, egal ob Ersthelfer oder Feuerwehrmann oder Rettungsdienstler. Ganz wichtig ist jedoch, dass man das Geschehene verarbeitet und nicht „mit sich selbst ausmachen“ möchte. Daher war es gut, dass du sowohl mit dem Seelsorger als auch mit deinem Mann geredet hast. Ich kann auch verstehen, dass du deine Kinder nicht belasten wolltest, denn als Mutter möchte man nun einmal alles schlimme von seinen Kindern fernhalten.

    • 25. März 2013 21:35

      Wie du schon schreibst ist eine Form der Verarbeitung. Und dazu hatte ich es auch geschrieben und nicht für Paul oder diesen Blog. 😉
      Mein ältester Sohn weiß mittlerweile das die verunfallte Frau verstorben ist. In soweit wie ein (nun 5 Jähriger) es begreifen kann was Tod bedeutet.
      Und auch das sie nicht angeschnallt war.

      Kurz: er kennt den groben Unfallhergang. Auto, Kontrolle verloren weil nicht aufgepasst. Nicht angeschnallt, aus dem Auto gefallen durch den Unfall. So doll verletzt das sie starb.
      Aber viel mehr kann ein Kind in dem Alter nicht begreifen und muss es auch nicht wissen.

      Kinder bekommen numal mehr mit als man glaubt und so stellte er Fragen und bekam sie kindgerecht beantwortet.
      Aber nur so kann man es Kindern erklären/nahebringen. Nicht wenn man selbst noch unter Schock steht.

  7. SelbstRettAssundFM permalink
    25. März 2013 21:53

    Leider werden nicht alle Ersthelfer auf gefangen.

    Es fehlt an Fortbildung und Qualifizierung der Führungskräfte bzw des Feuerwehrpersonals an sich.

    Da sich der Erfahrungsbericht in Facebook verbreitet bleibt nur zu hoffen das in Zukunft mehr über Helfer Hilfe nach gedacht und verbessert wird.

    Ich wünsche dir machermama viel Glück für dich und deiner Familie.
    Daumen hoch. Dein Handeln war mehr als Vorbildhaft.

  8. 25. März 2013 22:48

    Mein erster Gedanke: Puh, was ein langer Beitrag!
    Nachdem ich ihn jetzt 3 oder 4 mal gelesen habe sehe ich das anders. Ich hatte schwitzige Hände, musste das ein oder andere mal ziemlich schlucken, konnte mir die Situation recht gut bildlich vorstellen und einen solchen Einsatz einmal von der anderen Seite sehen. Vielen Dank dafür! Vielen Dank für diesen Beitrag. Vielen Dank für dein Handeln. Das ist leider nicht selbstverständlich. Und vielen Dank, dass Du für uns noch einmal den Mut fandest, das Geschehene so detailliert zu rekapitulieren.
    An mancher Stelle fand ich deine Schilderungen schon sehr krass und fast zu detailliert für den Laien, aber vielleicht ist das genau richtig so. Damit man sieht, wie man mit solchen Situationen umgehen kann. Wie man sich verhalten kann. Und dass man nicht alleine ist. Weder während dem Einsatz noch danach.
    Danke! Mit solchen Ersthelfern arbeitet man „leider“ viel zu selten zusammen.

  9. 25. März 2013 22:50

    Danke für diesen Beitrag. Ich wünschte, ich könnte Erlebnisse so schriftlich fixieren, manchmal hilft das.
    „Du musstest etwas tun. Du wolltest etwas tun. Und wenn du etwas falsch gemacht hättest oder keine Kraft mehr zum Pumpen gehabt hättest, hätte ich übernommen!“
    Ich muss sagen, dass ich das für die mit Abstand reifeste und weitsichtigste Entscheidung halte die der Feuerwehrmann treffen konnte. In einer solchen Extremsituation so entscheiden zu können ist groß.
    Ich hoffe, dass Du die richtigen Menschen um dich gefunden hast um diese -schon beim lesen!- grauenhaften Eindrücke bewältigen zu können. Alles Gute!

  10. 26. März 2013 01:10

    Danke für Deinen Beitrag, der mich tief berührte und aufwühlte. So oder so ähnlich haben sich wohl auch ‚meine‘ Ersthelfer gefühlt, als ich einen fast identischen Unfall (Frontalzusammenstoß auf einer Land Strasse) hatte. Und zu meinem Glück waren auch sie so couragirt genug zu helfen bzw. schnell einen Notruf abzusetzen.
    Für mich war Dein Bericht wie ein Nacherleben; und auch nach 1 1/2 Jahren kämpft sich beim Anblick oder Geräusch des Rettungshubschraubers alles in mir zusammen . Früher hätte ich das Geräusch überhaupt nicht gehört.
    Konsequenz von dem Unfall: Sobald ich wieder hergestellt bin, mach ich nicht nur einen Ersthelfer Kurs, sondern engagiere mich weiter beim DRK. Und versuche andere auch zu animieren. Also nochmal Danke!!

    • 26. März 2013 19:47

      Wünsche dir alles Gute für deine weitere Genesung und hoffe das du keine dauerhaft einschränkenden Schädigungen davontragen wirst.
      Und zum Glück hört man ja nicht all zu oft einen Rettungshubschrauber.
      Oder doch? … muss gestehen das ich da nie drauf achte. Vielleicht würde ich an deiner Stelle das auch bewusster warnehmen.

  11. 26. März 2013 14:18

    Wow!

    Liebe „Mama“, ganz großen Respekt für dein couragiertes, furchtloses Handeln und dafür, dass du uns an der Situation in dieser wirklich tollen Form teilhaben lässt!

    Wie auch meine Vorredner schon geschrieben haben, denkt man sich im ersten Moment: Heiliger Bimbam, ist das ein langer Bericht! Bei den ersten Sätzen weiß man noch nicht so genau, was man erwarten soll, aber es dauert nicht lange, bis man die Qualität erkennt und von deiner Erzählung richtig gefesselt wird. So detailliert und ohne das berühmte „Blatt vor dem Mund“, dass es sich fast anfühlt, als wäre man live dabei – Wirklich klasse gemacht!

    Ich hoffe, dass dir diese Art des „von der Seele redens“ und die vielen Kommentare dabei helfen, das erlebte zu verarbeiten! Von deiner Arbeit und Zivilcourage können sich hierzulande sehr, sehr viele Menschen mal eine große Scheibe abschneiden…

    Ich glaube (und hoffe), dass auch die Verletzte noch mitbekommen hat, dass du da warst! Sie ist nicht, wie leider viele andere, „ganz allein auf der kalten Straße gestorben“, sondern hatte einen wirklich besonderen Menschen an ihrer Seite!

    Ganz stark fand ich auch, dass du offensichtlich auf Helfer gestoßen bist, die dich aufgefangen haben und dir bei der Verarbeitung geholfen haben. Sei es nun der Feuerwehr’ler, der dir die Chance gegeben hat wirklich zu helfen und dich auch im Nachhinein gut zu fühlen, aber auch die direkt beteiligten Rettungskräfte und die Helfer des Kriseninterventionsteams – sie alle haben großartige Arbeit geleistet!

    Wie oft hört man von Ersthelfern, die von der für sie neuen und schrecklichen Situation ein (teilweise lebenslanges) Trauma davongetragen haben. Ich glaube in deinem Fall kann von Glück gesprochen werden, dass alle Zahnräder unseres modernen Hilfeleistungssystemes perfekt ineinander gegriffen haben und niemand zurück gelassen wurde… Ein solches Erlebnis ist wie ein großes Puzzle, das im Kopf des Ersthelfers ausgeschüttet wird. Diese Menschen brauchen unter Umständen Hilfestellung dabei, das Puzzle zu einem Bild zusammenzufügen um es verarbeiten zu können, Gefühle zu kanalisieren und das Ganze nicht als allgegenwärtige Negativbelastung im Hinterkopf abspeichern zu müssen.

    Somit ergibt sich auch noch ein weiterer wichtiger Aspekt, den dein Bericht mit sich bringt und wieso es wichtig ist, diesen über solch einen Kanal zu verbreiten: Auch professionelle Einsatzkräfte erfahren aus erster Hand, wie unglaublich wichtig es ist, sich um die Helfer zu kümmern und sie auch nach dem Einsatz zu begleiten!

    Nochmals vielen, vielen Dank dafür, dass du den Mut hattest, zu helfen und im Nachhinein auch darüber zu schreiben!

    Ein großes Dankeschön natürlich auch an Kollege Paul, der dir dafür seinen Kanal zur Verfügung gestellt hat und damit dafür sorgt, dass viele Menschen deinen Erlebnisbericht zu Lesen bekommen!

    Liebe Grüße und alles Gute für dich,
    Fabi

  12. 26. März 2013 20:04

    Vielen lieben Dank erstmal an alle für eure netten Kommentare und euer Lob für mein Handeln.
    Ich muss aber gestehen das ich dieses Lob nicht wirklich für mich annehmen kann. Denn ich halte es für selbstverständlich was ich getan habe.
    Erschreckt und immernoch bestürzt bin ich jedoch, wie wenige Menschen wirklich eingreifen und aktiv helfen bei einem Unfall.
    Dieses hatte mir schon der Seelsorger im Gespräch gesagt und die Zahlen die ich danach im Internet fand schockierten mich noch mehr.

    Ich kann Menschen verstehen die in Panik geraten, hysterisch werden, Menschen die in eine Schockstarre verfallen. Das alles sind Reaktionen auf die die Leute keinen Einfluss haben.

    Aber bewusst an einer Unfallstelle vorbei zu fahren oder eine verletzte Person liegen zu lassen. Ich kann und will sowas nicht verstehen. Womöglich im Vorbeifahren noch schnell das Handy zücken und Fotos machen für Facebook.

    Musste so ein asoziales und gleichgültiges Verhalten leider auch schon am eigenen Leibe erfahren. Damals bin ich mit einer 50iger gestürzt.
    Noch während ich mich aufrappelte und prüfte ob ich mich verletzt hatte, fuhr ein Autofahrer hupend und mir den Vogel zeigend an mir vorbei.
    Glaubte der ich mach das um IHN zu ärgern oder zu behindern?
    Und gegenüber, keine 10 Meter weiter standen mehrer Personen an einer Bushaltestelle die mich nur blöd ansahen.
    Ich hatte mich zwar nicht ernsthaft verletzt und war mit ein paar blauen Flecken davon gekommen.
    Aber nicht ein Mensch hat auch nur gefragt ob er helfen könne oder hat mit angefasst das Mopet von der Straße zu holen.

    So ein Verhalten macht mich einfach traurig und stinksauer! … von daher finde ich die Situation, in der ich als Ersthelfer war, für mich selbst außergewöhnlich. Jedoch nicht mein Handeln.

    • 9. April 2013 19:26

      Man sieht Menschen die Panik oder Hilflosigkeit nicht immer an – Leute, die vorbeifahren oder nur blöd zugucken, _können_ auch oft nicht anders. Das ist nicht unbedingt asozial und gleichgültig.
      Es ist nicht selbstverständlich, was du getan hast. Das kann nicht jeder. Viele bekommen Angst und laufen weg oder fahren weiter, ja – natürlich könnte man sagen „Angst kann man doch überwinden!“, das schaffen viele aber nicht in der Situation.
      Natürlich sollte man eingreifen. Und es ist traurig, dass viele nicht eingreifen, das ist aber selten eine bewusste Entscheidung „Och, der Mensch da ist mir doch egal“, sondern meist spielt Angst eine Rolle, Unsicherheit, Hilflosigkeit. Nicht jeder Mensch ist stark und kann das überwinden.

      Statt sich über die zu ärgern, die nicht helfen, ist es sinnvoller, sich über die zu freuen, DIE etwas tun.

      Und noch etwas zum anderen Thema:
      Im Rahmen meines Studiums war ich vor Kurzem einige Wochen bei der Polizei – und war wirklich schockiert, wieviele Autofahrer doch unangeschnallt unterwegs sind. Denen könnte ich den Gurt links und rechts um die Ohren hauen … für die eine Sekunde, die sie vorm Losfahren fürs Anschnallen bräuchten, riskieren sie ihr Leben!

  13. 28. März 2013 20:17

    Ich möchte Dir danken! Es ist schon alles geschrieben worden, ich kann mich nur anschließen und nochmals DANKE schreiben.

  14. 1. April 2013 16:35

    Liebe mamamachmal,
    ich bin durch Zufall über deinen Artikel hier gestolpert und ich muss sagen, ich bin von deinem couragierten Vorgehen beeindruckt. Das würde wirklich nicht jeder hinkriegen, also Hut ab. Auch, dass du dich getraut hast, die Welt daran teilhaben zu lassen.
    Ich selbst kann nicht einmal ansatzweise erahnen, wie du dich in dieser SItuation gefühlt haben musst.

    LG,
    Sandra

  15. 5. April 2013 00:14

    Ich finde den Bericht sehr kurzweilig geschrieben.
    Und wenn ich nicht beim Lesen eine Handarbeit in der Mache gehabt hätte, hätte ich mir wohl ein ums andere Mal die Hand vor Schreck vor den Mund gehalten. 😦
    Ich find’s gut, daß Deine Kinder eine so couragierte Mutter haben. Man wünscht ja niemandem, sowas zu erleben, dennoch denke ich, daß die junge Frau bei Dir in sehr guten Händen war.

  16. 5. April 2013 18:17

    Ich ziehe meinen Hut vor dir, liebe Mama. Höchster, höchster Respekt von meiner Seite. Für deinen Mut, für deine Reflexion zum Geschehenen, dafür, dass du deinen Kids altersgerecht die Wahrheit erzählst und sie nicht außen vor hältst.

  17. Steffi permalink
    20. Mai 2013 15:28

    Toll geschrieben! Ich finde des super, dass du der Frau geholfen hast(helfen wolltest).
    Ich selbst arbeite seit gut 3jahren im Rettungsdienst und habe schon viel erlebt, aber als Ersthelfer noch nie. Ich musste wirklich sehr schwer schlucken und war den Tränen nahe. Ich kann gut nachempfinden wie Du dich in dieser Situation gefühlt hast…die leere und das alles.
    Ich hoffe die Bilder werden noch weniger und Du beginnst irgendwann zu vergessen, wirst aber trotzdem wieder helfen, sollte soetwas nochmal passieren!

    Danke für deinen Bericht!

    • 21. Mai 2013 22:41

      Danke Steffi,
      ob helfen oder nicht helfen stand für mich in keiner Sekunde zur Debatte.
      Die Bilder sind deutlich weniger. Habe nur noch selten mal Beklemmungsgefühle oder Bilder im Kopf. Aber denke das ist normal.
      Zum Glück kann ich mit meinem Mann immer über alles reden, was mir sehr viel hilft und geholfen hat.

  18. Lars permalink
    20. Mai 2013 15:46

    Schön geschrieben.
    Mir ist beim lesen ein kalter Schauer über den Rücken gelaufen.
    Aus eigener Erfahrung im Kat-S weiß ich,wie schwer sowas zu verarbeiten ist.

  19. Elibis permalink
    21. Mai 2013 13:25

    Ich kann sehr gut nachempfinden, wie es Dir gegangen ist. Ich hatte vor einigen Jahren auch so ein schreckliches Erlebnis, bei dem ein 19 jähriger auf Grund überhöhter Geschwindigkeit unter Alkoholeinfluss von der Strasse abgekommen ist, aus dem Auto geschleudert wurde und das Auto auf ihn gestürzt ist. Er ist im RTW gestorben. Seine 3 Beifahrer haben den Unfall mit kleinen Verletzungen überlebt. Leider hat sich damals niemand um die Ersthelfer gekümmert und wir haben einige Tage später selbst Hilfe bei einem Notfallseelsorger der Polizei gesucht und gefunden. Auch ich fahre mehrmals am Tag an der Unfallstelle vorbei und werde die Erlebnisse nie vergessen. Inzwischen bin ich Rettungssanitäterin und fahre als First Responder.

    • 21. Mai 2013 22:38

      Respekt das du trotz oder wegen dem Erlebniss zum Rettungsdienst gegangen bist.
      Ich hatte zuvor mal die Idee, bin aber durch diesen Unfall davon abgekommen.
      Ich könnte so etwas nicht häufiger ertragen.

      • Elibis permalink
        22. Mai 2013 10:32

        Ich bin zum Rettungsdienst gegangen, damit ich in solchen Situationen besser helfen kann und helfen können wir zum Glück oft. Nach diesem Unfall haben wir 6 Ersthelfer, die an dem Unfall dabei waren miteinander einen Erste Hilfe Kurs besucht.
        Das ist, denke ich, das grosse Problem, dass bei den Meisten der Erste Hilfe Kurs beim Führerschein gemacht wird und danach nie wieder. Viele stehen aus Angst etwas falsch zu machen dann nur daneben und helfen nicht. Da müssten mal Aktionen gestartet werden!!!
        Außerdem ist es noch viel schlimmer solche Erlebnisse zu verarbeiten wenn man nichts tun konnte und nur zugesehen hat. Nicht jeder Ersthelfer kann direkt beim Verletzten etwas tun aber es gibt genug an der Unfallstelle was getan werden kann. Allerdings hilft es wenn jemand, wie Du es auch vorbildlich getan hast, Anweisungen gibt..

  20. 21. Mai 2013 23:11

    ein sehr authentisch geschriebener Bericht, er kursiert derzeit in facebook, da viele Kollegen etc. ihn geteilt haben und dank derer auch ich ihn gelesen habe. Ich arbeite selbst seit vielen Jahren im Rettungsdienst, aber auch uns „Profiretter“ lässt so etwas nicht kalt… Arbeitstechnisch gesehen blockt man aus Selbstschutz die Emotionen ab, aber wenn man in einer ruhigen Minute dann so einen tollen Bericht wie deinen liest, dann denkt man automatisch wieder an das eine oder andere traurige Erlebnis seiner Dienstzeit. Kurzum, Du hast sehr sachlich und klar Das Erlebte niedergeschrieben, hat mir sehr gut gefallen und man kann sich gedanklich voll und ganz in Dich hineinversetzen….Daniel

    • 22. Mai 2013 10:56

      Danke dir.
      Das der Text in FB kursiert wusste ich noch gar nicht.
      Hätte nie gedacht das mein Erlebnisbericht solche Kreise ziehen wird im Netz.

      • 2. Juli 2013 09:28

        Liebe machermama

        Bin sehr beeindruckt von deinem Erlebnisbericht. Seit über 30 Jahren bin ich in der Feuerwehr aktiv und hatte leider auch schon eine solche Situation.
        Gerne würde ich diesen Text auf meiner Homepage einfügen wenn du nichts dagegen hast.
        http://www.michas-abzeichenseite.de
        Unter Nachdenkliches würde das gut passen.
        Liebe Grüße
        Michael

  21. Wiebke permalink
    12. Juni 2013 17:41

    Das muss schwer zu vergessen sein. Toller Einsatz für ein Menschenleben, auch wenn die junge Frau es ja leider nicht geschafft hat… Sei stolz auf Dich! Es ist erstaunlich, wie viele Leute es nicht zustande bringen, nicht mal die geringstmögliche Art von Hilfe zu leisten und jedenfalls den Rettungsdienst zu rufen… Dass viele Menschen Berührungsängste haben oder schlichtweg damit überfordert sind, selbst erste Hilfe zu leisten, kann ich irgendwo noch nachvollziehen. Aber jeder hat heutzutage ein Handy dabei, es ist ja wohl das Mindeste, es in einer solchen Situation auch zu nutzen.
    Ich bin vor einigen Jahren (ich war damals 19) einmal recht früh morgens in einer sehr belebten Straße an einer Menschentraube vorbeigekommen, die um eine Frau herumstand, die rückwärts von einer Bank gefallen war, auf dem Rücken lag, stark krampfte und ganz offensichtlich an dem vielen Blut in ihrem Mund zu ersticken drohte. Ich habe in die Runde gefragt, ob jemand 112 gewählt hat. Alle guckten mich nur doof an. Ich habe mir zwei Leute ausgesucht, den einen gebeten, den Rettungsdienst zu rufen, den anderen losgeschickt, um bei einer der vielen Arztpraxen und Apotheken zu klingeln um zu sehen, ob dort schon jemand ist, der helfen kann. Alle anderen habe ich regelrecht angebrüllt, sie sollen sich vom Acker machen. Dann habe ich versucht, die Frau auf die Seite zu drehen, an stabile Seitenlage war bei ihrer Körperfülle und zudem mitten in einem Blumenbeet gar nicht zu denken. Daraufhin ist ihr jedenfalls schonmal das Blut aus dem Hals geflossen und sie konnte besser atmen. Ich habe sie dann einfach nur beruhigt, bis der Notarzt da war.
    Traurig, dass erst ein jugendliches Mädel vorbeikommen muss, um einer gesamten Gruppe von erwachsenen Menschen zu erklären, dass man in so einer Situation nicht nur dumm rumstehen sondern helfen sollte. So etwas sollte doch für jeden Menschen selbstverständlich sein!! Ist es aber ganz offenbar leider nicht.

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