Zum Inhalt springen

Der Einweiser…

26. Januar 2010

Der Fall liegt schon einige Zeit zurück, aber irgendwie ist er doch haften geblieben. Klein Paul steht noch am Anfang seiner Rettungsdienstlaufbahn und ist noch ein bisschen nervös 🙂 Der Nachtdienst hat schon gut angefangen, denn wir rollen schon seit 3 Std. nonstop durch. Wir stehen gerade im Krankenhaus und machen unser Auto wieder einsatzfähig, da tönt es aus dem Funk schon nach uns. Der Kollege steht näher und so nimmt er das Gespräch entgegen. Ob wir soweit wären, ein Notfall in unserer Stadt würde warten. Ja sind wir, so bekommen wir unsere Einsatzdaten übermittelt. Uns erwartet ein Schlaganfall, der Ärztliche Notdienst sei noch vor Ort und erwarte uns.

Nach kurzer Fahrt kommen wir in einer kleinen Straße an und suchen natürlich erst einmal die Hausnummer. Ein älterer Herr winkt zum Glück, wir haben unsere Einsatzstelle gefunden. Eigentlich bleiben wir jetzt mitten auf der Fahrbahn stehen, denn zum Einparken fehlt uns die Zeit. Der Mann weist uns aber noch gemütlich in eine Parklücke ein. Wir steigen aus und der ältere Herr entpuppt sich als Doktor des Ärztlichen Notdienstes, ein bisschen komisch kommt uns das schon vor. Dr. Müller geht vorne weg und wir mit unserem Material hinterher. Während wir zu unserem Patient laufen, versuche ich schon, einige Hintergründe aus unserem Doc heraus zu bekommen. Der Patient hat einen Schlaganfall, aber ihm geht’s soweit ganz gut.

Wir kommen ins das Schlafzimmer des Patienten und meine Gesichtsfarbe wechselt in ein dunkles Rot. Ich weiß ja nicht, was Herr Arzt unter „soweit ganz gut“ versteht, aber ich sehe einen bewusstlosen Mann in Rückenlage in seinem Bett liegen. Jetzt muss alles ein bisschen schneller gehen, denn der Mann braucht unbedingt Sauerstoff, ein EKG, Puls / Blutdruckbestimmung und einen venösen Zugang. Dr. Müller steht mit hinter dem Rücken verschränkten Armen hinter uns und schaut uns über die Schulter. Mein Kollege wählt den Notruf und fordert einen Notarzt nach, da es unserem Patienten nicht wirklich gut geht. Herr Müller fragt, ob wir ihn noch brauchen würden. Am liebsten würde ich sagen „verpiss dich“, aber ich habe eine gute Erziehung genossen. Deswegen sage ich „ Bleiben Sie doch bitte noch, um unserem Notarzt eine qualifizierte Übergabe zu machen“.

Unser Doc trifft ein, lässt sich von seinem Kollegen eine dürftige Übergabe machen, und wendet sich dann unserem Patienten zu. Der Blutdruck liegt bei 250 zu 120 und muss gesenkt werden. Deswegen gibt’s erst einmal Medikamente und wir bereiten in der Zeit den zügigen Transport in unser Auto vor. Im Auto lässt sich unser Doc nochmal eine Übergabe durch uns geben, ich erzähle die ganze Story und auch die Gesichtsfarbe unseres Notarztes wechselt die Farbe. Leider müssen wir in die nächste Klinik, sonst hätte er seinem Kollegen eine saftige Standpauke gehalten.

Nach kurzer Fahrt kommen wir im Krankenhaus an und unser Patient kommt auf die Stroke Unit *wikipedia*. Danach brauch ich erst einmal eine Zigarette, sonst würde ich immer noch explodieren…

12 Kommentare leave one →
  1. 26. Januar 2010 23:24

    Danke für den Lesestoff!
    *huch* ich hätte im wohl eine geschlagen… :O

  2. krankeschwester permalink
    26. Januar 2010 23:46

    Was soll man danoch sagen? Ich könnt beim lesen schon an die Decke gehen.

  3. 27. Januar 2010 08:38

    Da hat jemand wohl seinen Job verfehlt…. *auweija*

  4. 27. Januar 2010 09:26

    Es gibt überall schwarze Schafe. Bei euch ist ja der Notdienst so geregelt dass es irgend einen niedergelassenen Arzt trifft der gerade Notdienst hat. Sowas ähnliches haben wir bei uns auch. Und meist ist die Präklinische Medizin Ausbildung auch schon Jahre her bei den betreffenden Ärzten. Was will man da noch erwarten?

  5. o2junkie permalink
    27. Januar 2010 12:22

    Och immerhin ist der ÄND gekommen und hat immerhin den Rettungsdienst gerufen. Das ist doch schon mal etwas…

    Bei uns ist es in Mode, dass der Notdienst garnicht kommen mag („können wir eh nix machen“) selbst wenn man als anwesender RD darum bittet. Oder man gibt den den Patienten mal grundsätzlich das Gefühl, dass das nun total unnötig ist, das sie rausgekommen sind.
    So bei einer Patientin demletzt, die etwas Novalgin und eine normale KH-Einweisung mit Taxi für den nächsten Tag bekommen hat. Diagnose nach Transport durch uns weil nicht gehfähig: Trümmerbruch L1…
    Toll sind auch die üblichen Einweisungen per Telefon, bei denen der RD sich dann die Papiere noch beim Doc abholen fahren muss…

  6. 27. Januar 2010 17:38

    Oh Mann… Eigentlich hätten bei euch schon beim Satz „Dem gehts soweit ganz gut“ die Alarmglocken schrillen müssen…

  7. Special Agent Gibbs permalink
    27. Januar 2010 19:28

    Glücklicherweise gibt es auch Fälle, wo der zuerst eintreffende Arzt schon gute Vorarbeit leistet.
    Hatten mal einen Fall, wo eine „Bewusstlose Person in Arztpraxis“ gemeldet wurde. Beim Eintreffen war der Patient wieder bei Bewusstsein, hatte aber trotzdem Sauerstoff und das komplette Monitoring incl. EKG bekommen. Dann wurde noch eine saubere Übergabe gemacht, und wir konnten mit dem Patienten zufrieden ins Krankenhaus fahren.

  8. 27. Januar 2010 21:06

    Tja, leider ein Erlebnis, dass auch ich schon des öfteren erlebt habe. Aber wie o2junkie schon richtig sagt: Man kann ja teilweise schon froh sein, wenn der Arzt überhaupt raus kommt und nicht telefonisch einweist. Sind halt ziemlich überlastet, die armen 😉

  9. gr3if permalink
    27. Januar 2010 22:30

    Tja… Wir haben hier Notdienst Ärzte wen die einen Ktw bestellen orgelt da aus Prinzip Rtw+ Nef hin…. In 90% der Fälle leider auch zurecht. Aber was soll man machen? Der Mann ist Frauenarzt, dazu noch ein Recht guter, er hat nur überhaupt keine Ahnung von Notfallmedizin und naja die 60+ macht er auch gerade voll….

    Ist nur halt etwas doof wenn er Notdienst hat…, Allerdings meldet er alles was ihm nicht koscher vorkommt direkt der Feuerwehr…

  10. 29. Januar 2010 13:15

    ui, das ist übel … :-/

Hinterlasse eine Antwort zu Die Prinzessin! Antwort abbrechen